Mac Barnett (Text) / Jon Klassen (Illustration): Der Wolf, die Ente und die Maus
Ins Deutsche übersetzt von Thomas Bodmer
NordSüd Verlag 2018 ISBN: 978-3-314-10440-4
Ich bin ganz bestimmt mehr Wölfen in Märchen begegnet als in der freien Natur (dort ehrlich gesagt noch nicht einem!) und Wölfe in Märchen werden nicht wirklich sehr intelligent dargestellt. Sie sind gefräßig, verschlingen ohne zu kauen und zu fressen ihre Beute mit Haut und Haaren. Und die Beute kann gerettet werden – ganz einfach während der Wolf schläft … mit Steinen im Bauch fühlt sich dann der Wolf ganz schlecht … und ein Jäger muss dann auch noch ins Spiel kommen.
So, und daraus erzählt Mac Barnett eine skurrile, originelle Geschichte, die einem im ersten Moment fast den Atem stocken lässt. So beginnt er: „Eines frühen Morgens traf eine Maus / auf einen Wolf / und wurde gleich verschlungen (Für diesen Satz braucht der Illustrator immerhin drei Seiten.).
Im Wolfsmagen, den die Maus natürlich unversehrt erreicht, trifft sie auf die Ente, die es sich dort bereits gemütlich eingerichtet hat, weil sie zwar verschluckt, aber nicht gefressen worden sei und draußen ständig Angst vor dem Wolf hatte – da habe sie es nun besser, denn diese Sorgen fallen nunweg. Ente und Maus genießen es, einzig zwei kleine Fenster wären fein, aber auf Bestellung kommt alles in den Magen, was sie sich wünschen: Käse, Wein und Kerzen. Dass dabei dem Wolf ganz schlecht wird, ist verständlich, obwohl im Bauch sogar auf sein Wohl angestoßen wird. Aber eine Gefahr besteht für Ente und Maus doch: der Jäger, der zu verjagen gilt, was den beiden auch glückt, indem sie kampfesmutig aus dem Wolf heraus den Jäger in die Flucht schlagen. Voll Dankbarkeit gewährt der Wolf den beiden einen Wunsch – und sie wählen erneut ihr gemütliches Bauchzuhause – daher kommt auch, dass der Wolf allnächtlich den Mond anheulen muss – eigentlich ein logische Erklärung, oder?
Die Geschichte kommt mit sehr wenigen Worten aus, der Autor ist für die Reduktion der Worte bekannt. Die Bilder stehen im Mittelpunkt, sie sind in eher dumpfen Farben gehalten, zum Teil großflächig gemalt mit wenigen Details. Trotzdem werden Gefühle und Empfindungen sehr gut dargestellt. So liebe ich die emotionale Veränderung der Maus, die zu Beginn der Geschichte „auf dem Weg in den Magen“ noch recht verängstigt wirkt, beim Kampf gegen den Jäger aber unwahrscheinliche Stärke zeigt. Der fensterlose „Magen“, der per se natürlich dunkel ist, wird durch die Anwesenheit der beiden Tiere recht gemütlich – dies wird durch sehr helle – unbemalte Stellen verdeutlicht.
Ja, die Geschichte ist etwas skurril, aber als Erklärung für das Heulen der Wölfe doch auch plausibel – ich kenne ja Wölfe nur so …
Ein Bilderbuch, das zurecht einen zweiten und auch weiteren Blick wert ist ….
(Regina Rüscher-Christler)
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