Birgit Unterholzner (Text) und Leonora Leitl (Illustration): Auf meinem Rücken wächst ein Garten
Picus Verlag 2016
ISBN: 978-3-854521-90-7

„Für alle Enkel und deren Großväter“ – somit ist das Bilderbuch der Südtiroler Autorin Birgit Unterholzner an uns alle gerichtet. Ohne Schönrederei wird dabei aus der Sicht des Enkels Fido die Demenz des Großvaters thematisiert. In der dichten Sprache der Erzählung zeigt sich von Beginn an das Krankheitsbild, die Orientierungslosigkeit, die Wortlosigkeit, das Vergessen, die Ängstlichkeit und die Wut des alten Mannes und erst gegen Ende wird die Diagnose Demenz genannt. So erscheint es wie im Alltag: viele kleine Mosaiksteinchen lassen Betroffene und Angehörige dieser Krankheit einige Zeit brauchen, bis man das Wort Demenz in den Mund nimmt. Fido schafft es in seiner Liebe zum Opa in dessen Welt einzusteigen, sucht für ihn Worte, bringt ihn zum Lachen, sieht aber auch ganz realistisch die für den Opa und die Familie sehr schwierige Situation. Manchmal erkennt der Opa seinen Enkel nicht mehr, nichtsdestotrotz verbindet die beiden eine wunderbare Liebe, was auch in Opas Worten zu hören ist: „Wenn du bei mir bist, hört das Herzklopfen auf“ oder im Schlusssatz „Auf meinem Rücken wächst ein Garten. Pflück dir die schönsten Blumen, Fido. Sie sind alle für dich.“

aufmeinemrueckenwaechsteingarten_bild2Die oberösterreichische Illustratorin Leonora Leitl, die für ihre Bilder des „Willi Virus“ heuer den „Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2016“ gewonnen hat, untermalt mit ihren flächenhaften, zweidimensionalen Bildern die einzelnen Momente der Demenz und ergänzt den Text durch wunderbare Bilder. Sie wechselt die Techniken, mischt Collage, Zufallstechnik und Zeichnung und stellt die Größenverhältnisse ein wenig auf den Kopf. So wie eben alles im Kopf des Opas durcheinander ist. Die Farbgebung der einzelnen Bilder ist harmonisch und zur Situation symbolisch gewählt. Kleine Collageteile wie eine alte Schwarzweiß-Fotografie, die immer wieder auftaucht, und die verschiedenen sehr dokumentarisch gezeichneten Insekten zeigen Opas Gedankenwelt in die Vergangenheit.
Am besten gefällt mir aber die bildliche Darstellung der Beziehung der beiden, jeweils zur Situation passend, die erahnen lässt, welch wunderbare Kraft darin liegt und wie sehr beide einander lieben. Der Opa ist trotz seiner Erkrankung der König für seinen Enkel, was auch durch die Papierkrone auf seinem Kopf deutlich wird.

Ein Bilderbuch, das zurecht einen zweiten und auch weiteren Blick wert ist ….